Sehen und gesehen werden
Mit der Geburt werde ich
sichtbar, ich werde
berührbar, ich werde
greifbar und ich werde
verletzbar.
Dieser Satz fiel mir nach dem Ereignis am 11.September 2001 (Twintower USA) ein. Ich sehe in jeglicher Art von Aggression einen Übergriff, sobald 'mensch' versucht, einem anderen Schaden zuzufügen.
Bleiben wir doch zunächst einmal beim Sichtbarwerden. Als Neugeborenes stelle ich mir vor, dass meine Augen untauglich dafür sind, überhaupt etwas erkennen zu können. Ich befinde mich noch völlig ohne Orientierung und außer der Stimme der Mutter und Empfindungen von Hunger und Sattsein, Frieren oder Geborgensein, also dem Hören und der Kinästhetik gibt es wenige Eindrücke, welche sich schon einordnen lassen. Diese neuen Eindrücke auf einer quasi neuen Ebene, bekommen erst einen Sinn, wenn 'mensch' sie zu etwas Gesehenem zuordnen kann. Denn vorher war es in der „Geburtshöhle“ der Mutter ja dunkel und Sehen war ohne Licht gar nicht möglich. Ich werde gesehen bevor ich etwas sehen kann. Das ist ein ziemlich ungeschützter Zustand. Da hat Gott wirklich sehr viel Vertrauen in die Menschen gesetzt, dass sie diesen Zustand nicht ausnutzen. Denn was sind das doch für "günstige Momente", in welchen 'mensch' sich unbeobachtet fühlt, für unerlaubte Handlungen! Jetzt erwachen die Augen und ich habe gelesen, dass in diesem Moment alles noch auf dem Kopf steht. Es dauert eine gewisse Zeit, bis das Neugeborene den neuen Schwerpunkt, seine eigene Mitte wahrnimmt und zu dem Gesehenen in Bezug setzen kann. Erst schemenhafte Umrisse und später immer klarer werdende Bilder werden an das „neue“, noch "unprogrammierte" Gehirn gesandt und das Baby beginnt zu erkennen. Zuerst die Augen der Mutter, dann ihr Haar und dann beginnt es den Körperkontakt als etwas wahrzunehmen, was außerhalb von ihm selbst geschieht. Im Bauch der Mutter war eine Einheit zwischen Fötus und Gebärmutter. Diese Verbindung ist jetzt, im wahrsten Sinne des Wortes, abgeschnitten und das Baby beginnt, selbst zu atmen, selbst Nahrung aufzunehmen und die es umgebende „neue Gebärmutter“, den äußeren Raum, zu sehen und zu begreifen, indem es Kontakt zu ihm herstellt. Ich denke mir, Verstehen kann der neue Mensch den äußeren Raum nur, wenn der innere Raum immer wieder zeitweise aufgesucht wird. Alle nicht zuordenbaren Impulse und Wahrnehmungen, glaube ich, werden im Schlaf durch das Träumen gelöscht. Wenn dann im Wachzustand ein Dialog von innen nach außen beginnt, ist das Bewusstsein immer noch als etwas, was sich „innen“ abspielt wahrnehmbar. So könnte ein Teil des Menschen praktisch als Fötus im Innern geblieben sein und der Mensch beginnt eine Kommunikation mit sich selbst, indem er äußere Impulse mit inneren, gespeicherten Eindrücken vergleicht und sie nach Wichtigkeit, nach Gefühl beim Erleben und nach einer Reihenfolge einordnet:
Gegenwärtiges wird zur
Vergangenheit und Neues, Gegenwärtiges wird wahrgenommen.
Vergangenes wird dann im Gedächtnis abgespeichert. Das Bewußtsein trennt sich von einem "All-eins-sein" und dem Getragenwerden und beginnt, ein Individuum, ein "Eins-in-allem-sein" zu werden. Ich stelle mir vor, dass der Schmerz der Trennung von der Mutter und der ersten Eindrücke beim Verlassen des Geburtskanals ein Bedürfnis, einen Wunsch ausbildet, diese Höhle, dieses Paradies, das Getragenwerden und Genährtwerden wieder erreichen zu wollen. Dieser sehr starke Wunsch nach Wiedervereinigung könnte die dritte Ebene im Erleben von Zeit, die
Zukunkft ausbilden. Auf dieser Ebene, so sagt die Metamedizin, werden Aktionen geplant, welche, so sage ich, auf das Wiedererlangen der Einheit (mit der Mutter) ausgerichtet sind.
Eine Zeichnung soll hier verdeutlichen, welche Projektionsflächen der
Innere Raum benutzt, und wie ich mir vorstelle, dass die Eindrücke in einer zeitlichen Reihenfolge verarbeitet und abgespeichert werden:
Dabei ist die
Zukunft eine Ebene, oder Projektionsfläche im "
inneren Raum", auf welcher Wünsche und Vorstellungen zu zukünftigem Handeln geformt werden. Die Umsetzung dieser Handlungsimpulse ist meist auf den Nutzen, die Nützlichkeit ausgerichtet und zunächst einmal sehr egoistisch und selbsterhaltend ausgeprägt. So habe ich die Aussagen über die Wahrnehmung im Film "Bleep" verstanden.
Das Baby "hört" und "sieht" zuerst einmal nur die Mutter oder die Person, welche ihm Pflege angedeihen läßt. Das Einprägen dieser Person ist für das Überleben sehr wichtig. Will sagen: Alle anderen Wahrnehmungen, stelle ich mir vor, werden in der Wichtigkeit zurückgestellt.
Sich selbst kann das Baby nur bruchstückhaft melden und seine Bedürfnisse auch nur sehr unartikuliert anmelden, indem es schreit. Weise Mütter- so sage ich - und meine Menschen mit genügend Herz und Verstand, erkennen, was in dem Schreien ausgedrückt werden will. Die Meldung des Neugeborenen verwandelt sich nur dann in ein mächtiges Schreien, wenn die wahren Bedürfnisse dahinter nicht erkannt und befriedigt werden.Das habe ich des öfteren schon so erlebt.
Gott hat es so eingerichtet, dass das Baby sich auf einer Frequenz meldet, welche den Eltern im Ohr schallt, sie also selbst an ihre eigene damalige Hilflosigkeit erinnert. Dieser
"Hausalarm" kann quasi "Tote" wecken.
Zumindest war das so bei meinem Sohn. Seine Mutter hörte ihn immer, wenn er sich meldete.
Es ist ja auch für das Kind lebensgefährlich, wenn nicht rechtzeitig Nahrung von außen zugeführt wird, oder zuviel Kälte oder zuwenig Schutz und Gefühl der Geborgenheit das neue Leben gefährdet.
So sind
Hilferufe - auch beim Erwachsenen noch - mit
Aggressionen verkoppelt und drücken meist absolute Hilflosigkeit aus (!). Wer
das weiß, kann Menschen mit aggressivem Ton schon einmal ganz anders begegnen.
Nicht dass 'mensch' sich dabei überhebt und denkt, "wie kindisch von ihm/ihr mich so anzubrüllen - ist ja nur Hilflosigkeit" -
Nein, ich denke, wichtiger ist es, zu dem Verständnis gelangen: Mein Gegenüber befindet sich im Moment in seinem Vermögen, sich sprachlich noch artikulieren zu können, tatsächlich "mit dem Rücken an der Wand". Was kann ich tun, um seine momentane Lage zu verbessern? Denn: Was nützt mir ein
"schreiendes Etwas", wenn ich etwas erreichen möchte? Was will ich denn wirklich? Will ich mich
lustig machen über seine momentane Position, oder will ich die Chance bekommen, mit ihm/ihr in Verbindung zu treten, um gemeinsam ein Ziel zu erarbeiten und zu erreichen?
Bei einem Baby, denke ich, ist das völlig anders. Die
Abhängigkeit des Neugeborenen von den Eltern ist
nicht zu leugnen. Doch auch hier habe ich schon unverständige Eltern erlebt, welche diese scheinbare Machtposition ausnutzten und dem Kind nicht alle erdenkliche Liebe zukommen ließen, welche es zu seiner Entwicklung braucht. Aus solchen Kindern, kann ich mir lebhaft vorstellen, erwachsen später unter Umständen grausame Despoten, welche sich an dem, was ihnen in der Wiege an Schmerz zugefügt wurde, durch ihr späteres Verhalten rächen und so die ihnen versagt gebliebene Liebe einklagen.
Aber wieder zurück zum Erwachen der Sehkraft: Das
Gesicht der Mutter/ Pflegeperson sei das wichtigste Bild, welches das Neugeborene sich zusammen mit allen dazugehörenden Eindrücken von Gerüchen und Tönen (Stimme, Tonfall usw.) merkt, habe ich gelesen. Klar, denn was wäre fataler, als bei einer Trennung von der Mutter dieses Gesicht unter tausenden von anderen Gesichtern nicht wieder erkennen zu können? Dieses Bild wird verankert und viele Einzelheiten bleiben für die spätere Wahl von Freunden und Partnern bestimmend, je nachdem, ob 'mensch' das Zusammensein mit der Mutter als angenehm oder eher unangenehm wahrgenommen und gespeichert hat. Dabei soll das subjektive Empfinden
das prägende Element sein; nicht, wie das Gegenüber die Begegnung wahrgenommen hat. Woher nehme ich all diese Feststellungen?
Wissen und Erfahrungen von Menschen sind mir dabei hilfreich gewesen, meine eigenen Erfahrungen und Erklärungen dazu zu bilden. Ich schreibe bewußt nicht über diese Erfahrungen, als seien sie wissenschaftlich nachprüfbar und entspächen der "Wahrheit". Mein Anliegen liegt darin, im
Frieden leben zu können.
Zufriedenheit entsteht, wenn ich im
Einklang mit mir selbst und meiner
Vergangenheit leben kann. Es klingt logisch, wenn ich im Buch der Metamedizin gelesen habe, dass Gesundheit auch darauf beruht, wie weit ich meine Vergangenheit aufgearbeitet habe und meine Motive in zukünftigen Handlungen nicht mehr von negativen Eindrücken geprägt und unterstützt sind.
Mein vornehmstes Anliegen ist es also, die "Erlebniswand" Vergangenheit so weit wie möglich von negativ erlebten Eindrücken zu reinigen. Da ich unter diversen Krankheiten litt und zum Teil noch heute leide, habe ich mich in besonderem Maße diesem Thema gewidmet.
Bei einer Geistheilerin "Louise L. Hay" lese ich über Zusammenhänge von Krankheiten und wahrscheinlichen Gründen und Grundhaltungen, welche zu diesem Leiden geführt haben können. So leuchtete mir ein, dass jeglicher
Groll und
Zorn über Vergangenes den Körper krank machen und ihn vergiften kann.
Viele Krebsleiden sollen nach Louise auf der Erfahrung tiefer seelischer unerlöster Momente basieren, welche sich "somatisieren", wie Ärzte dieses Fachs
Psyhosomatik sagen würden.
Dem Kind sind solche Zusammenhänge noch unbewußt. Aber das Gefühl als solches, die unerlöste Situation, die bleibt ihm in Erinnerung. Ich konnte solche Situationen in meinem Leben oft nicht benennen. Aber, wenn sie wieder einmal in anderer Umgebung, mit anderen Personen an mich herantraten, hatte ich wieder die gleiche Hilflosigkeit, das gleiche Gefühl von Verzweiflung, oder dieses "Warum-immer-ich"- Gefühl, das ich schon als Kind spürte. Manchmal reagierte ich dann in solchen Sitautionen über, weil diese Erfahrung eben immer noch schmerzte und nie gelöst wurde.
In einer jeden solchen Situation versuche ich, das nicht noch einmal erleben zu müssen. Dass
Schmerz aber zum Leben dazugehört ist eine reale Erfahrung. Dass er sich nur auflöst, wenn er durchlebt wird, ist eine Erfahrung, die nur wenige kennen und zulassen können. Das ist auch keine bequeme Sache. Und wer will nicht Schmerz vermeiden wollen. Nichts ist in meinen Augen als sinnloser zu bezeichnen, als
vermeidbare
Schmerzen. Die entstehen meiner Ansicht nach aus
Unwissenheit (denn sie wissen nicht, was sie tun),
Neid (die Angst, zu kurz zu kommen, oder eine gewisse Leere zu spüren, die sich scheinbar nicht füllen läßt), oder anderen "niederen Beweggründen". Und dennoch sehe ich in einem Rückfall in kindlich ohnmächtiges Verhalten eine
Erinnerung an solche sehr früh aufgetretenen
Verletzungen der menschlichen Psyche.
Verstehen lerne ich dies Verhalten erst, wenn mir ein Zusammenhang aufleuchtet, ein Verstehen,
warum!
Wichtig für mich ist, in einer Situation von Schmerz und Trauer den nötigen Schutz und Beistand zu haben.
Die Frage ist nur: Was passiert mit mir, wenn in einem solchen
Fall die Mutter
nicht anwesend ist und das
"gefallene" Kind nicht trösten kann?
Mit dem Erwachen der Sehkraft beginnt auch die
Sehnsucht. Darunter verstehe ich: Etwas entdecken, sich hingezogen fühlen dahin und eventuell auch eine Spannung spüren, wenn diese Sehnsucht nicht gleich erfüllt werden kann.
Und nach all dem sehe ich die Entwicklung der Sehkraft, welche mit der "neuen Mitte", dem eigenen Empfinden der Schwerkraft gekoppelt wird, so, dass jetzt das Bild, was die Augen vermitteln, seitenrichtig wahrgenommen wird.
Das Muster der Omnipotenz: Ich schreie, und alles "rennt", um meine Bedürfnisse zu erfüllen.
Dieses Muster erkenne ich bei manchen Menschen und denke, dass es ihnen bis in die Gegenwart ihres Erwachsenenlebens erhalten geblieben ist. Ich glaube, dass das davon abhängt, in wie weit die Eltern solcher Kinder ihnen keine Grenzen gesetzt haben und sich selbst zum Sklaven und Diener dieses Kindes gemacht haben. In der chinesischen Kultur finde ich ein solch omnipotentes Muster in der Verehrung der Kaiser. Diesem Menschen sollten keine Wünsche offenbleiben und er wurde im wahrsten Sinne des Wortes "auf Händen" getragen, um ihn und seine Abstammung zu ehren. Ich kenne eine derartige Verehrung im westlichen Kulturkreis nur im Bereich des Showbusiness, wo Menschen "vergöttert" werden,weil sie eine besondere Stimme, ein besonderes Auftreten, eine besondere Stilrichtung in der Musik, oder eine Figur mit Heldencharakter in einem Film zum Beispiel verkörpern. Auch Menschen, die besondere Leistungen vollbringen, einen Berg besteigen, die Welt umsegeln, oder eine besondere sportliche Leistung vollbringen, werden für den kurzen Zeitraum ihres Sieges einer besonderen Beachtung zuteil.
In all dem sehe ich eine Verbindung zu dem
Sehen und der entsprechenden
Beachtung, von welcher ich oben berichtete. Diese Beachtung nehme ich als Anerkennung und Zufuhr besonderer Vergünstigungen für den
Gesehenen wahr.
Hier sehe ich auch eine Gefahr und einen Stein des Anstoßes, welcher ein Gefühl auslösen kann:
Ein Anderer/ eine Andere als ich bekommt mehr Zuwendung als ich sie bekomme. Ich bezeichne dieses Gefühl als
das Gefühl zu kurz zu kommen. Wir Menschen haben auch ein Wort dafür:
Neid.
Neid hat meines Erachtens sehr viel mit dem
Vergleich zu tun. Oftmals ist dieser Vergleich sehr subjektiv. Will sagen: Die Perspektive spielt hier eine große Rolle. Die Feststellung geschieht nach meinem Dafürhalten aus einer Aufrechnung, die nur den Moment sieht und nur das Augenscheinliche in Betracht zieht. Dabei werden weder der Lebenslauf, die Entwicklung des Menschen und Gründe, wie es zu diesem Ungleichstand kam, noch spätere Momente, in welchen sich das Verhältnis ändern oder gar umkehren könnte mit einbezogen. Nein: Ich fühle mich in
diesem Moment benachteiligt und betrogen, alles andere zählt nicht!
Ich halte ein solches Gefühl sicher für berechtigt. Nur, was es anrichten kann, wiem es gelöst werden kann, ohne dass neue Ungerechtigkeiten eingefädelt werden; darüber, glaube ich, machen sich die wenigsten Menschen Gedanken.
Aus der Geschichte kenne ich Begebenheiten, in welchen sich eine gewisse "Gerechtigkeit Gottes" - wenn 'mensch' sich denn nun einen Gott und Sein Wirken vorstellen möchte - sich darin äußert, dass solche vom Leben besonders bevorzugte Zeitgenossen im Verlauf ihres Lebens dann doch irgendwann an ihre oder die Grenzen der Gesellschaft stießen, das Schicksal sich wendete und das Leben sie Demut lehrte, wo sie durch die Bevorzugung bisher nur Hochmut geübt hatten. Umgekehrt gibt es auch Fälle, welche bis zu einem bestimmten Punkt in ihrem Leben unter Armut und Liebesverlust litten und dann plötzlich eine Wende in ihrem Leben erfahren durften, und ihnen das, was ihnen zuvor verwehrt geblieben war, zuteil wurde.
Doch mir scheint, dass diese Gerechtigkeit nicht immer so offen zu Tage tritt. Oft frage ich mich nach dem Sinn von Leid, das einem Menschen durch einen Schicksalsschlag zugefügt wird. Hier scheint mir die Gerechtigkeit "blind" zu sein. Dabei sehe ich die Göttin des Rechtes, wie sie in der Antike mit einer Augenbinde dargestellt wurde. Das hatte den Sinn, dass sie nicht nach äußeren Kriterien, dem
äußeren Schein urteilen solle.
Will sagen: Wieviel an dem, was ich sehe, auch Täuschung sein kann.
St. Exuperie, ein französischer Schriftsteller und Pilot läßt eine Titelfigur seines Buches "der kleine Prinz" einmal sagen:
"Man sieht nur mit dem Herzen gut."